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09.09.2020 | Presseck

Pressecker Waldgipfel

berät die aktuelle Waldsituation in der Region und sucht Lösungen für Borkenkäferbekämpfung und Wiederaufforstung

Jede freie Minute haben die Schwestern Astrid Schlick und Heike Vogler gemeinsam mit ihren Ehemännern Reinhard und Rüdiger in ihrem Wald bei Oberehesberg verbracht. Ihren Jahresurlaub haben die Familien beim Holzmachen geopfert. Sie wollen ihren Wald retten. In Handarbeit haben sie mit Hilfe von Bekannten und Familie 200 Festmeter Holz gesägt, gespalten und aufgeschlichtet. Grund für die intensiven Arbeiten ist der Borkenkäfer. Der Käfer zerstört in der Region gerade nach wie vor ganze Waldstücke. Wie in Oberehesberg haben viele Waldbesitzer Angst um ihr Hab und Gut.

"Es ist schon hart zu sehen wie der Borkenkäfer zerstört, was unsere Großeltern gepflanzt und Generationen gehegt und gepflegt haben. Wir tun alles dafür den Wald zu retten für unsere Kinder und Enkel," betont Heike Vogler. Und so geht es vielen Waldbesitzern. Von einer „nie dagewesenen Massenvermehrung der Borkenkäfer“ spricht der Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Dr. Michael Schmidt. Auch seine Vorfahren und frühere Generationen von Forstleuten könnten sich nicht an eine ähnliche Kalamität durch Borkenkäfer erinnern. Mehr als 15 Großharvester seien derzeit im Krisengebiet im Einsatz. Die Zahl der Hackmaschinen, die Holz zerhacken und so dem Borkenkäfer die Existenzgrundlage entziehen, sei derzeit kaum zählbar. „Durch die Sonderförderung des Freistaates ist eine Power bei der Käferbekämpfung entstanden, die vor Wochen nicht vorstellbar war“, sagt Dr. Michael Schmidt. Bedauerlicherweise hätten große Sägewerke die Holzpreise immer weiter gesenkt, so dass eine Lieferung des Stammholzes in die Sägewerke ohne die staatliche Förderung nicht kostendeckend zu gestalten sei. Vor allem an schlecht zugänglichen Waldstücken und in Steilhängen ist der Borkenkäfer ein extremes Problem. Der Freistaat Bayern unterstützt die Arbeit der Waldbesitzer daher im Frankenwald besonders. Bei einem ersten Pressecker Waldgespräch haben sich Betroffene wie Waldbesitzer, Förster, Vertreter von Verbänden, aus der Politik und von behördlicher Seite über das weitere Vorgehen ausgetauscht. Zum Gespräch eingeladen hatte der örtliche Stimmkreisabgeordnete und forstpolitische Sprecher seiner Fraktion im Bayerischen Landtag Martin Schöffel. Schöffel betonte die Situation im Frankenwald sei nach wie vor katastrophal. Wegen der besonderen Situation, durch Trockenheit, Käferbefall und mit den Steilhängen sei die erhöhte Förderung wichtig, weil die Arbeit hier besonders aufwändig ist. "Wir müssen dafür sorgen, dass im Wald Holz gemacht wird und der Borkenkäfer mit aller Kraft bekämpft werden kann. Und dabei darf der Waldbesitzer nicht draufzahlen müssen. Es ist ohnehin schon eine einzige Katastrophe, wenn ein kompletter Fichtenwald plötzlich gerodet werden muss," so Schöffel. Die Förderung des Freistaats bezeichnet Theo Kaiser von der Waldbesitzervereinigung als sehr sinnvoll und zielgerichtet. "Ohne diese Förderung könnten viele Waldbesitzer die betroffenen Bäume gar nicht aus dem Wald holen," betont er. Vom Freistaat unterstützt werden verschiedene Modelle: Waldbesitzer bekommen Zuschüsse, wenn sie das akut vom Borkenkäfer befallene Holz schlagen. Später kann es dann sowohl weiterverkauft, zum Heizen benutzt oder auch im Wald verarbeitet werden. Es kann zum Beispiel unter Folie gelagert oder gehäckselt werden. In den Hackschnitzelhaufen wird es so heiß, dass der Käfer abstirbt. Eine neue Möglichkeit der Käferbekämpfung ist das Debarking – eine neue Holzerntetechnik, die die Waldbesitzervereinigung in die Region gebracht hat. Dabei werden die Stämme im Wald mit Harvestern gefällt und direkt vor Ort entrindet. Dadurch sterben die Borkenkäferlarven ab. Ob diese Technik oder eine andere Art der Unterstützung in Frage kommt, dazu beraten Förster Florian Baierwaltes und seine Kollegen die Waldbesitzer vor Ort. In enger Abstimmung mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten kann so für jeden Waldbesitzer im einzelnen eine passgenaue Lösung gefunden werden, damit der Borkenkäfer schnell eingedämmt und der Wald neu aufgeforstet werden kann. Auch die Familien Vogler und Schlick sind mit Baierwaltes im engen Austausch. Heike Vogler ist dafür sehr dankbar. "Unser Förster konnte uns direkt sagen wo wir mit der Arbeit beginnen sollten, er hat unsere Fragen beantwortet und bei der Beantragung der Fördergelder unterstützt. Klar ist es viel Arbeit, aber die Unterstützung von Politik und Behörde macht es uns schon viel leichter." Martin Schöffel, der sich in München für die Frankenwaldförderung stark gemacht hatte, sicherte zu, sich im Forstministerium dafür einzusetzen, dass diese weitergeführt wird. Und auch für mehr Förster zur Bewältigung der aktuellen Notsituation tritt er ein. Das Pressecker Waldgespräch soll zu einem stetigen Austausch werden, damit die verschiedenen politischen Ebenen, die Behörden und die Waldbesitzer sinnvoll zusammenarbeiten können, um den Wald nachhaltig und effektiv zu schützen. Beim nächsten Termin soll es besonders um Strategien zur Wiederaufforstung und um den zukünftigen Waldumbau gehen. Auch hierfür bietet der Freistaat Bayern attraktive Unterstützungsprogramme an. Weil die Wiederaufforstung für die Waldbesitzer eine große Herausforderung darstellt, sollen auch weitere Unterstützer wie Jäger oder der Maschinenring in die Pressecker Waldgespräche eingebunden werden. Martin Schöffel: „Es geht jetzt um nicht weniger als die Existenz des Frankenwaldes als großes zusammenhängendes Waldgebiet. Alle sind sich der Herausforderungen bewusst, die enorm ist. Jede Generation hatte mit Krisen im Wald zu kämpfen. Jetzt sind wir gefragt, den Frankenwald zu retten!“